Anthony Braxton

Anthony Braxton nach seinem fulminanten Konzert mit dem Diamond Curtain Wall Trio im Stadthaus Ulm am 7. November 2021. Der Schachspieler, Saxophonist und Komponist zeigte auch mit 76 Jahren wo der Hammer hängt. Bei seinem einzigen Deutschlandkonzert im Jahre 2021 hatte der Professor die portugiesische Trompeterin Susana Santos Silva und den Akkordeonisten Adam Matlock mit im Gepäck. Die Drei spielten Kompositionen von Braxton mit Handzeichen. Das Ganze war Neue Musik in Reinform. Es gab eine wohl frei improvisierte Zugabe. Nach 50 Minuten war Schicht. Der Altmeister war bestens gelaunt und meinte beim Signieren mehrmals: „I love Deutschland“ Und Deutschland sei sein liebstes Land und er wäre noch am Lernen. Sehr beeindruckend das Ganze.

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7. Esslinger Jazztage 2021

Im Herbst 2021 organisierte der kongeniale Jazzfreund Maximilian Merkle sein nun mittlerweile 7. Jazzfestival mit internationalen Jazzgrößen an verschiedenen Orten in Esslingen. Merkle war früher Rechtsberater beim Weltjazzverlag ECM (Verlag für zeitgenössische Musik) in München.

Eröffnet wurde das Ganze diesmal in der Dieselstraße, dem besten Ort für Jazz in der Region Stuttgart. Einerseits der Ausnahmeakkordeonspieler Jean-Louis Matinier (wohl der beste seiner Art am diatonischen Knopfakkordeon). Der ehemalige Begleiter von Juliette Greco brachte den überragenden Gitarristen Kevin Seddiki mit. Beide Giganten stammen aus Frankreich. Das Konzert war ausverkauft.

An seinem letzten Arbeitstag lies es sich der scheidende Esslinger Oberbürgermeister Doktor Jürgen Zieger (SPD) nicht nehmen, schwänzte die Gemeinderatssitzung, um dem Weltbassisten Eberhard Weber das Bundesverdienstkreuz zu verleihen. Bei seiner Rede wechselte er immer zwischen du und Sie. Eberhard, der aus Esslingen stammt, gab zwei Kalauer aus seiner Verwandtschaft zum Besten. Und einer der wichtigsten Jazz- und Klassik-Gitarristen Ralph Towner spielte alleine auf. Ein sehr beeindruckender Auftakt für diesen Abend. Nach der Zeremonie wirbelte das Shai Maestro Klaviertrio aus Isreal/New York durch das Neckar-Forum.

Dann ein beeindruckendes Duo von Jason Moran (p) und Christian McBride (b), beide Weltspitze in der Stadtkirche Sankt Dionys. Die zwei spielten zum ersten Mal dieses Duo, die Kirche war rappelvoll und lauschte gebannt der improvisierten Kammermusik.

Nach einem Konzert des Jazzkellers (in der Dieselstraße) und dreier Gruppen in der Württembergischen Landesbühne fand das Festival seinen krönenden Abschluß mit dem Duo des Gitarrengiganten John Scofield und dem Bassunternehmer Dave Holland. Beide auch in der Jazzliga weltweit ganz oben. Auch hier durfte mensch vor voller Stadtkirche einem wunderschönen kammermusikalischen Reigen lauschen.

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Wir sind die Wolfskinder

Verlassen in Ostpreußen. So der Titel eines Bestverkäufers der Journalistin Sonya Winterberg aus dem Jahre 2012. Sie hat in dem Buch die Schicksale von ein paar 100 obdachlosen Kindern nacherzählt, denen kurz vor Kriegsende und nach dem Krieg die Angehörigen verloren gingen, entweder durch Tod oder Deportation. Sie irrten durch die Wälder und bettelten bei den Bäuerinnen um zu überleben. Viele dieser Kinder starben.

Die wenigen Überlebenden dieser Hölle konnten in Litauen nach vielen Bemühungen Lohn und Brot finden. Sie hatten vor 20 Jahren einen Verein gegründet, mit dem sie erstmals Unterstützung bei einem ehemaligen CDU-Bundestagsabgeordneten bekommen haben.

Winterberg hat im Archiv dieses Abgeordneten, als Stadtschreiberin von Breslau und vor Ort nachgeforscht. Viele noch lebende Wolfskinder hat sie zu Hause besucht und befragt, begleitet von einer Photographin. Bei all diesem Elend wird klar, daß das Schicksal von Straßenkindern nicht nur in der Zweidrittelwelt existiert, sondern ein paar Jahre in Ostpreußen am Ende des zweiten Weltkriegs bei deutschen Kindern Realität war.

Das Buch hat 336 Seiten, ist gut zu lesen (die Einzelschicksale sind genau aufgearbeitet) und erschien bei Piper, München und kostet 20 Euro.

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Doppelkonzert

Bei der 34en Ausgabe des Festivals Jazz d’or spielten zwei Giganten des Jazz auf, beide schon über die 70. Eröffnet wurde das Konzert am 14. November 2019 in der Offenburger Reithalle vom größten lebenden Klavierspieler Europas: Joachim Kühn. Er spielte allein ausschließlich Stücke von Ornette Coleman, dem er lange Jahre eng verbunden war, der Tod des Autodidakten am Altsaxophon stellte hier einen harten Schnitt dar. Passend zu seiner aktuellen Scheibe wirbelte Kühn auf den Tasten herum, daß es wie immer eine Freude war zuzuhören. Er war auch denkbar gut gelaunt an dem Abend.

Nach einer guten Stunde und der Pause danach spielte das Henri Texier Quintet zum Album ‚Sand Woman‘ auf. Kontrabassist und Komponist Texier ist der größte lebende Musiker auf dem Planeten. Er versteht es wie kein anderer die Musik von bedrohten Völkern in den Jazz einzugliedern. Beim Quintett mit dabei: Sohn Sebastien Texier (as,cl), Vincent Le Quang (ts,ss), Manu Codjia (g) und Gautier Garrigue (dr). Die Gruppe begann mit einem fulminanten Solo des Anführers. Auch dieses Konzert war von höchster Güte und auch hier waren alle bestens gelaunt.

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Kostenlose Busse für Fellbach

Angesichts des neuen Stadttickets für Fellbach, das billiger wird als das Fellbach-Ticket stellt sich die Frage, ob auf absehbare Zeit im ganzen Fellbacher Stadtgebiet Busse kostenlos fahren können. Nach dem Vorbild der estnischen Hauptstadt Tallinn könnte dies funktionieren. Tübingen plant so etwas unter dem grünen Oberbürgermeister Boris Palmer aus Geradstetten.

Als Übergang zur Kostenlosigkeit bietet sich das 365 Euro Jahres-Sozialticket an für benachteiligte Gruppen im Gebiet der VVS (Region Stuttgart). Den gesamten VVS kostenlos zu machen würde 500 Millionen Euro im Jahr kosten. Das entspricht dem 1000fachen Jahresgehalt eines VVS-Vorstands. Das müßte doch aufzubringen sein. Die Firmen in der Region zahlen hier gerne etwas drauf, damit ihre Mitarbeiterinnen entspannt zu und von der Arbeit fahren können. Ansonsten gibt es genug Millionäre hier, die etwas zur Verbesserung der Luft vor ihrer Villa freiwillig beitragen.

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