Jazz@large 2018

Wie schon in den letzten Jahren hat der Jazzschlagzeuger Hans Fickelscher eine Großformation mit herausragenden Musikerinnen aus der Region Stuttgart zusammengestellt als Abschlußkonzert der 39. Jazztage der IG Jazz, die diesmal zum ersten Mal komplett im Theaterhaus abgewickelt wurden. Sonst gastierte mensch im Merlin, der Strippenzieher Magnus Mehl hat das kleine lokale Stuttgarter Festival an seinen Lieblingsort befohlen. Der Zuhörerinnenzuspruch war enorm, das Konzept ging auf. Während gleichzeitig Anfang November in den Büros nebenan am Programm für die kommenden internationalen Theaterhaus Jazztage an Ostern 2019 gefeilt wurde, tobte beim Abschlußkonzert von Jazz@large der Bär.

20 Musiker und zwei Sängerinnen auf der Bühne, wie immer keine Big Band, sondern mit ausgefallenen Instrumenten wie Akkordeon, Gitarre und einem beachtlichen Streichquartett bestehend aus Kontrabaß, Cello, Bratsche und Geige. In der klassischen Musik üblich sind ja zwei Geigen, Bratsche und Cello. Einzellne herausragende Musikerinnen des Ensembles steuerten spezielle Kompositionen bei. Das war bombastisch und auch die vielen Einzelspieler beeindruckten. Der Kopf des ganzen Hans Fickelscher wird am Sonntag, 18. November von 21 bis 23 Uhr in meiner Sendung „die Fellbächerin“ zu Gast sein.

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Große Damen

Damit meint Eric Gauthier zwei Choreographinnen und eine Tänzerin. Diese gestandenen Tanzexpertinnen haben die Kompanie im Theaterhaus zu vier kurzweiligen Choreographien inspiriert. Immer jeweils eine Viertelstunde lang. Dieses Format pflegt Eric schon von Anfang der Truppe vor 12 Jahren an. In der vergangenen Zeit gab es so nur zwei abendfüllende Stücke der Tänzerinnen: Poppea/Poppea und Nijinski. Ansonsten jede Menge Inszenierungen, die aus mehreren eigenstündigen Teilen bestehen. Immer mit Witz und für jeden Geschmack ist etwas dabei.

Eric hat bei der Lektüre einer Kritik von Gauthier Dance in der New York Times den Auftrag bekommen, Frauen zu integrieren, was seither bei den Choreographien zu kurz kam. So entstand Grandes Dames. Gestern haben die 7 neuen Tänzerinnen (insgesamt 16) zum ersten Mal nach der Sommerpause, in der gut besuchten Halle 1 gezeigt, was sie auf der Pfanne haben. Unvergeßlich beispielsweie die reizende Anneleen Dedroog, eine Flämin (holländisches Belgien). Sie mußte auf Stelzen eine Domina darstellen und mit einer Peitsche knallen, was glaubhaft funktionierte. Sie ist übrigens Sprecherin der Tänzerinnen vom Theaterhaus. Zum Schluß gab es zu Musik von David Bowie jede Menge Applaus beim Vorhang und wieder stehende Begeisterung. Zu den nächsten Terminen bis Sonntag, 14. Oktober, gibt es noch Karten. Danach geht die Produktion auf Rundreise.

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Ziemlich beste Freunde

Zum Riesenerfolg des gleichnamigen Films mit den beiden Hauptdarstellern Francois Cluzet (Round Midnight, die Hölle) und Omar Sy gibt es auch ein Theaterstück, das schon seit Jahren im Theaterhaus gespielt wird. Im Schauspiel übernehmen hier der glänzende Charakterdarsteller Stephan Moos (ehemaliger Sonderschullehrer) und der ebenfalls brillante Aron Keleta. Moos spielt einen reichen gelähmten Menschen, der ständig Fürsorge braucht und Keleta einen lebendigen und ungestümen Afrikaner, der zum Pfleger und Betreuer von Moos wird. Glänzende Dialoge und mehr Einfühlsamkeit als im Film, der manchmal etwas konstruriert und schlecht geschnitten wirkt. Es spielen noch ein paar mehr Schauspielerinnen mit, unter der Regie von Nils Daniel Finckh sind es die Hauptfiguren, die alles herausreißen. So muß Theater sein, so macht es Spaß. Nicht verkopft sondern mit beiden Beinen auf den Füßen. Beim Vorhang steht Moos wie durch ein Wunder aus seinem Rollstuhl auf.

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Eleanor und Colette

Wieder einmal hat sich die Traumfabrik den Verrückten gewidmet. In diesem ursprünglich 55 Stufen benannten Kinofilm spielt Helena Bonham Carter eine Verrückte und Hilary Swank eine Rechtsanwältin und ehemalige Seelenpflegerin. Beide freunden sich im Lauf der Geschichte an. Es beginnt damit, daß Eleanor 1985 in San Francisco in ein Seelenkrankenhaus verfrachtet wird. Dort wird ihr ungefragt und ohne Arzt eine Spritze verpaßt (die chemische Zwangsjacke) und im Isolationszimmer zurückgelassen ohne Kontakt zu den Pflegerinnen. So muß sie auf den Boden pinkeln. Später ruft sie das Anwaltsbüro an, und Colette kommt und bringt ihren Fall bis vor den obersten Gerichtshof in Kalifornien. Der Fall steht stellvertretend für 150.000 Patientinnen.

Eleanor bekommt zwar Recht, was auch einem Professor zu verdanken ist, den Colette von Anfang an einschaltet, kann sich neue Möbel kaufen, aber sie stirbt bereits im Alter von 47 Jahren an den Folgen der Seelenmedikamente. Beide Schauspielerinnen spielen wunderbar engagiert und produzierten den Film mit. Und die Geschichte ist nicht erfunden.

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31. Internationale Theaterhaus Jazztage

Der Gründer (vor 33 Jahren) und Intendant des Theaterhauses Werner Schretzmeier (74) und größter Jazzkenner in Stuttgart hat mal wieder ein reizendes Festival auf die Bühnen gebracht. Wie immer an Ostern war dies der Auftakt für bedeutende Jazzerinnen für den Festivalzirkus diesmal in 2018. Teilweise spielten gleichzeitig 4 Gruppen in allen 4 Säalen.

Eröffnet wurde der ganze Spaß von Jazzprofessor Bernd Konrad am Mittwoch, der den Ehrenjazzpreis des Landes Baden-Württemberg verliehen bekam. Sogar ein Minister war da (Winne Hermann von den Grünen). Und den Preis hat sich der bescheidene und liebenswürdige Gründer des Jazzstudiengangs an der Musikhochschule in Stuttgart redlich verdient.

Miles Davis-Musiker wie Lee Konitz (as) und Mino Cinelu (perc) waren dabei, der prägende Free Jazz-Vibraphonist Karl Berger war aus Woodstock angereist. Und so ging es durch die Bank weiter: lauter erfolgreiche Jazzerinnen waren am Start, die Meisten waren Europäerinnen.

Am nachhaltigsten wirkte ein deutsch-japanisches Quartett: Kazutoki Umezo (cl, bcl), Naoko Kikuchi (koto), John Eckhardt (b) und Eric Schaefer (dr). Sie hatten ihr Programm ‚Kyoto mon amour‘ genannt. Eric bekam einen Anruf vom Plattenverleger Siegfried Loch. Sie einigten sich auf die Besetzung und los ging es nach Japan, wo viele Studien betrieben wurden. Bleibt noch zu erwähnen, daß der bescheidene Kazutoki schon in den 80ern das New Jazz Festival Moers rockte. Sein Klarinettenton gemahnte an eine Shakuhachi-Flöte.

Es gab meist Doppelkonzerte pro Saal, viele waren ausverkauft. Trotz der enormen Qualität der Musik und der Auslastung und trotz der beiden Großsponsoren warf das Festival ein Defizit ab. Dies wird allerdings locker durch die Fernsehkomödianten querfinanziert, die gerne im Theaterhaus spielen.

 

 

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